Der erste Tag an der Börse

Diese Bilder kennt fast jeder: Der Vorstand eines Unternehmens läutet stimmungsvoll die Glocke auf dem Frankfurter Börsenparkett. Mit der ersten Preisfeststellung geht ein monatelanger Emissionsprozess zu Ende, der Handel an der Börse hat begonnen. Doch wie wird der erste Börsenpreis festgestellt? Und welche Rolle hat dabei die Börse?

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Am Tag des Börsengangs werden die Aktien eines Unternehmens erstmals an der Börse gehandelt und können fortan von Anlegern im Rahmen eines öffentlich geregelten und überwachten Handels ge- und verkauft werden. Die Kapitalaufnahme des Unternehmens ist zu diesem Zeitpunkt längst abgeschlossen. Denn bereits im Vorfeld, im sogenannten Emissions- oder Primärmarkt, hat das Unternehmen seine Aktien an Investoren verkauft und damit  Kapital eingesammelt. Mit dem ersten Tag an der Börse beginnt der Handel der Unternehmensanteile im Sekundärmarkt. Zahlreiche Akteure haben den Prozess bis dahin begleitet.

Die Akteure beim Börsengang

  • Der Emittent, also das Unternehmen, dessen Wertpapiere künftig an der Börse gehandelt werden sollen, gibt Wertpapiere aus und bietet sie mit Hilfe eines Bankenkonsortiums interessierten Investoren vor dem Börsengang zum Kauf an (sogenannte Zeichnung).
  • Konsortialbanken unterstützen den Emittenten sowohl beim Verkauf seiner Wertpapiere als auch der Organisation des Börsengangs und übernehmen mit ihm die Prospekthaftung.
  • Wird der Emittent von mehreren Konsortialbanken unterstützt, übernimmt der Konsortialführer die Koordination der Aufgabenverteilung zwischen den übrigen Konsortialbanken und dem Emittenten.
  • Die an das Handelssystem der Deutschen Börse angeschlossenen Handelsteilnehmer geben über Computer ihre Kauf- oder Verkaufangebote in Form von Orders ab, die im elektronisch geführten Orderbuch der Börse gesammelt werden und Grundlage der Börsenpreisfeststellung sind.
  • Der Spezialist ist ein von der Börse beauftragter Handelsteilnehmer, der im Parketthandel an der Börse Frankfurt fortlaufend die Handelbarkeit aller verfügbaren Wertpapiere sicherstellt.
  • Designated Sponsors sind ebenfalls von der Börse beauftragte Handelsteilnehmer, die im Xetra-Handel für genügend Angebot und Nachfrage sorgen und damit die von ihnen betreuten Wertpapiere handelbar halten.
  • Das Team Capital Markets der Deutsche Börse begleitet Unternehmen Schritt für Schritt beim Gang an die Börse. Dazu gehört beispielsweise die Betreuung der Unternehmen sowie der Intermediäre (etwa Banken, Anwälte oder Investor Relations Agenturen) und die Börsenzulassung.
  • Der Bereich Listing der Deutschen Börse betreut den formalen Prozess der Börsenzulassung.
  • Die Geschäftsführung der Frankfurter Wertpapierbörse genehmigt die Zulassung der Wertpapiere des Emittenten zum Börsenhandel.
  • Die Abteilung Market Operations der Deutschen Börse begleitet den Börsengang und wickelt die Kommunikation mit den Handelsteilnehmern bis zur Feststellung des ersten Börsenpreises ab.
  • Die Handelsüberwachungsstelle (HÜSt) der Frankfurter Wertpapierbörse überwacht das Zustandekommen des ersten Preises und in der Folge lückenlos den gesamten Handel und alle weiteren Preisfeststellungen.


Der Weg bis zum ersten Handelstag

Podcast

„Mythen rund um Börsengänge“

Podcast (2:52) mit FWB-Geschäftsführer Cord Gebhardt

 

Formal betrachtet beginnt der Börsengang mit zwei Verwaltungsverfahren, für die in Deutschland zwei unterschiedliche Behörden zuständig sind. Zunächst prüft die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht, kurz BaFin, den vom Emittenten und der Konsortialbank erstellten Prospekt. Erfüllt dieser alle formalen gesetzlichen Voraussetzungen, erteilt die BaFin die Erlaubnis, die Wertpapiere öffentlich anzubieten. Damit können interessierte Investoren vor Beginn des Börsenhandels die Aktien zeichnen.

Im Anschluss prüft die Geschäftsführung der Frankfurter Wertpapierbörse, ob der Emittent und dessen Wertpapiere die gesetzlichen Zulassungsvoraussetzungen für den Börsenhandel erfüllen. Praktisch wird diese Aufgabe von der Abteilung Listing der Deutschen Börse betreut. Liegen alle formalen Zulassungsvoraussetzungen vor, erteilt die Geschäftsführung der Frankfurter Wertpapierbörse die Zulassung zum Börsenhandel. Die Zulassung gleicht dabei einer Baugenehmigung: Die Formalien stimmen. Eine Bestätigung oder gar Garantie, dass das Haus auch wirtschaftlich betrieben werden kann, ist damit allerdings nicht verbunden.

Während des gesamten Prozesses wird der Emittent von Konsortialbanken begleitet. Den Banken kommt eine wichtige Rolle zu: Sie übernehmen gemeinsam mit dem Emittenten die sogenannte Prospekthaftung – sie haften also für die angegebenen Informationen im Emissionsprospekt.

Das Event „Börsengang“

 

Der Tag des Börsengangs

Am Tag des Börsengangs startet die Vorhandelsphase ab 7:30 Uhr. Die Handelsteilnehmer können jetzt ihre Aufträge eingeben. Um 9:00 Uhr startet mit Beginn des Xetra-Handels die Eröffnungsauktion für den Börsengang mit der Aufrufphase: Fortlaufend werden nun Preisindikationen berechnet und über das Handelssystem sowie das Anleger-Portal boerse-frankfurt.de veröffentlicht. Während der Aufrufphase können Handelsteilnehmer weiterhin Aufträge eingeben, ändern oder löschen. Die Eröffnungsauktion dauert mindestens 15 Minuten, im Anschluss ermittelt das Handelssystem nach dem Meistausführungsprinzip den ersten Preis der Aktie.

Gibt es jedoch zu starke Abweichungen vom Ausgabepreis der Aktie, kommt es vor der ersten Preisfeststellung zu einer Volatilitätsunterbrechung, bei der die Eröffnungsauktion um etwa zwei Minuten verlängert wird. Diese gibt Marktteilnehmern Zeit zur Orientierung und verhindert, dass der Markt unreflektiert in eine Richtung läuft.

Die Glocke wird geläutet

Sobald das Handelssystem den ersten Preis festgestellt hat, ruft der Spezialist diesen im Börsensaal aus. Der Preisausruf dient der Information im Börsensaal. Im Anschluss läutet ein Vorstand des Börsenneulings die Börsenglocke.

Handel an der Frankfurter Wertpapierbörse

Nun läuft der reguläre Börsenhandel und Handelsteilnehmer können fortlaufend ihre Kauf- und Verkaufaufträge eingeben. Dabei haben sie an der Frankfurter Wertpapierbörse die Wahl zwischen zwei verschiedenen Handelsplätzen: Xetra und Börse Frankfurt.

Sehr liquide Wertpapiere werden in der Regel über beide Märkte angeboten. Weniger liquide Wertpapiere werden nur am Handelsplatz Börse Frankfurt gehandelt, wo Spezialisten fortlaufend die Handelbarkeit sicherstellen.

Die nun fortlaufend ermittelten Preise spiegeln den Wert wider, den Investoren dem betreffenden Wertpapier und damit dem Unternehmen beimessen.

Viele Wege führen an die Börse

Viele Wege führen an die Börse: Um auf unterschiedliche Bedürfnisse eingehen zu können, ermöglicht der Börsenplatz Frankfurt für jedes Unternehmen die passende Transaktionsstruktur. Der IPO (Initial Public Offering) ist mit Abstand die bekannteste und meistgewählte Variante, wenn sich Unternehmen für den Gang an die Börse entscheiden. Daneben gibt es SPACs, nationale und internationale Spin-offs und Carve-outs, Privatplatzierungen (Private Placements) sowie Direktplatzierungen (Direct Listings). Mehr Informationen zum Angebot finden Sie hier