Clearing über die zentrale Gegenpartei – Stabilität für Finanzmärkte

Clearing funktioniert ganz ähnlich wie das Online-Bezahlsystem PayPal: Wenn Sie online shoppen und per PayPal zahlen, erfolgt die Zahlung nicht direkt an den Online-Shop. Sie zahlen an PayPal und PayPal wiederum zahlt an den Online-Shop, bei dem Sie eingekauft haben – und übernimmt die Risiken der Transaktion zwischen Ihnen und dem Verkäufer. 

Auf demselben Prinzip beruht das Clearing von Wertpapieren über zentrale Gegenparteien wie Eurex Clearing, deren Kerngeschäft die Reduzierung von Risiken im Wertpapierhandel ist. Sobald sich ein Käufer und ein Verkäufer über einen Handel an einer Börse geeinigt haben, kommt die sogenannte zentrale Gegenpartei als Mittelsmann ins Spiel, um die Transaktion abzuwickeln bzw. zu „clearen“. Die zentrale Gegenpartei fungiert gegenüber dem Verkäufer als Käufer und gegenüber dem Käufer als Verkäufer. Sie verringern das Risiko im Wertpapierhandel, da sie gewährleisten, dass der Handel auch definitiv stattfindet – und zwar unabhängig davon, ob der Käufer insolvent wird oder der Verkäufer die Wertpapiere gar nicht liefern kann.

Video: Zentrale Gegenpartei (Central Counterparty, CCP) ... einfach erklärt

 


Die Ausführungen zu den folgenden häufig gestellten Fragen, geben einen tieferen Einblick in die Funktionen, Prozesse und Mechanismen zur Reduzierung von Risiken des zentralen Kontrahenten.

Was passiert beim Ausfall eines Clearing-Mitglieds?

Im Falle des Ausfalls eines Clearingmitglieds führt die Eurex Clearing AG ihren erprobten Default Management Prozess (DMP) durch. Ausgefallene Clearingmitglieder, die ihren finanziellen Verpflichtungen nicht länger nachkommen können, sorgen aus Sicht des zentralen Kontrahenten (CCP) für ein Ungleichgewicht, das mit Hilfe des Default Management Prozesses wieder in die Balance zurückgeführt werden soll. 


Dadurch gewährleistet der DMP nicht nur die Sicherheit und Integrität der von der Eurex Clearing AG geclearten Kapitalmärkte, sondern schützt somit vor allem auch die nicht ausgefallenen Clearingmitglieder vor möglichen negativen Auswirkungen die aus dem Teilnehmerausfall resultieren.


Der DMP kann in den folgenden vier Stufen zusammengefasst werden:


 

Der Abwicklungsprozess der Eurex Clearing hat sich während der regelmäßig durchgeführten Übungen und bei der Abwicklung von historischen Ausfällen als sehr effektiv erwiesen. Folgende Schlussfolgerungen wurden gezogen:  


  1. CCPs sind extrem robust und widerstandsfähig, auch unter volatilen Marktbedingungen.
  2. Die Aufstellung der Eurex Clearing als Multi Asset Class CCP hat sich als sehr effizient erwiesen. Durch den direkten Zugang zu elektronischen Börsen kann ein reibungsloser Handel sichergestellt werden. Durch die aufgebaute interne Handelsexpertise, ist der Abwicklungsprozess unabhängig von externer Unterstützung.
  3. Regelmäßige "firedrills" sind unerlässlich. Sie stellen sicher, dass Clearing Member Ausfälle professionell abgewickelt werden können.
  4. Die Segregierung von Kundensicherheiten ist wichtig, um die Auswirkungen eines Ausfalls für Endkunden und den Markt zu minimieren.

Fallbeispiel: Rückblick auf das Eurex Default Management beim Ausfall der Maple Bank

  • im Februar 2016 erließ die BaFIN ein Moratorium für die Maple Bank
  • Eurex Clearing begann unmittelbar die notwendigen Schritte einzuleiten um die Vermögenswerte seiner Kunden zu schützen und die Märkte stabil zu halten
  • das Default-Management-Team hat sofort die erforderlichen Maßnahmen eingeleitet wie zuvor während regelmäßigen Simulationsübungen "firedrills" geübt
  • alle Positionen wurden analysiert, es wurde beschlossen, das Clearing-Mitglied zu terminieren, und Eurex Clearing begann mit der Liquidation des Portfolios
  • am Ende des ersten Tages waren bereits 93 Prozent der Positionen geschlossen und der gesamte Liquidationsprozess war zwei Tage später abgeschlossen. Es musste nur ein kleiner Bruchteil der hinterlegten Sicherheiten verwertet werden.
 

Wie werden entstandene Verluste abgesichert?

Mögliche Verluste, die sich aus dem Ausfall eines Clearing-Mitglieds ergeben können und die die Ressourcen des ausgefallenen Clearing-Mitglieds übersteigen, werden über einen „Wasserfall“ von Verteidigungslinien (lines of defense) abgesichert. Zur Verlustdeckung werden hinterlegte Mittel in der folgenden Reihenfolge herangezogen: hinterlegte Sicherheiten des ausgefallenen Clearing-Mitglieds, die vom ausfallenden Clearing-Mitglied geleisteten Mittel zum Ausfallfond, die Beiträge der Eurex Clearing zum Ausfallfond, sowie die hinterlegten Ausfallfondbeiträge nicht ausgefallener Clearing-Mitglieder.


Werden die finanziellen Ressourcen im Default Waterfall, die zur Deckung eines Teilnehmerausfalls benötigt werden, regelmäßig überprüft?

Ja, das erfolgt durch den Eurex Clearing Stresstest. Dieser prüft, ob die Stützungsmechanismen nach einem Zahlungsausfall ausreichend sind, um die Risikoposition eines ausfallenden Clearing-Mitglieds selbst bei schwierigsten Marktbedingungen abzudecken. Dazu werden die Risikopositionen aller Clearing-Mitglieder anhand eines umfassenden Szenarien-Katalogs für alle angebotenen Produktarten getestet.


Grundsätzlich lassen sich die getesteten Szenarien in drei Kategorien unterteilen:


  • Historische Szenarien, bei denen in der Vergangenheit beobachtete Marktbewegungen simuliert werden
  • Hypothetische Szenarien, die kalibriert sind um zukünftige extreme aber plausible Marktbewegungen abzubilden
  • Analyseszenarien, die zweckgerichtet modelliert werden um das Risikomanagement zu unterstützen


Mit wem und wie oft wird ein Stresstest durchgeführt?

Die für den Stresstest verwendeten Szenarien und Verfahren werden regelmäßig überprüft und auf alle Positionen jedes Clearing Mitglieds angewendet. Es wird täglich ermittelt, in wie weit der Ausfallfond durch die Ergebnisse der theoretischen Stresstestberechnungen aufgebraucht wird. Überschreiten die finanziellen Mittel aus dem Ausfallfond, die nötig sind Verluste aus dem Ausfall eines Clearing-Mitglieds zu decken bestimmte Richtwerte, entscheidet der Vorstand von Eurex Clearing über risikominimierende Maßnahmen wie zum Beispiel Nachschussforderungen oder die Aufstockung des Ausfallfonds durch Zusatzbeiträge aller Teilnehmer. 


Was genau ist Eurex Clearing Prisma und wer profitiert davon?

Eurex Clearing Prisma ist eine Methode zur Marginberechnung, die das Portfolio ins Zentrum der Betrachtung stellt. Dies ermöglicht Portfolio-Margining innerhalb einer Anlageklasse sowie Cross-Margining über Anlageklassen hinweg, z.B. zwischen börsennotierten Zinsderivaten und von Eurex Clearing abgewickelten OTC-Swaps.


Die Methodik basiert auf der Betrachtung des Gesamtportfolios eines jeden Clearing-Mitglieds. Im Gegensatz zu einer produktbezogenen Betrachtung hat diese den Vorteil, Absicherungs- und Cross-Correlation-Effekte durch die Bestimmung der Margin-Anforderung auf Portfolioebene zu berücksichtigen. Die Risiken werden dabei für Produkte, die ähnliche Risikomerkmale aufweisen, über die von Eurex Clearing abgewickelten Märkte und Handelsplätze hinweg berechnet. Die Verwendung von produktübergreifende Szenarien ermöglichen eine konsistente Berücksichtigung von Portfoliokorrelationen und Diversifikationseffekten.


Die Modellkomponenten wurden so konzipiert, dass die Risikokalkulation sich an den Maßstäben Genauigkeit und Stabilität orientiert, wodurch sichergestellt wird, dass das Risikomodell Erschütterungen und Veränderungen auf den Finanzmärkten standhält und sich dynamisch an Veränderungen im Risikoumfeld anpasst.


Durch die Kernmerkmale von Eurex Clearing Prisma profitieren Clearing-Mitglieder, ihre Kunden und das Clearinghaus gleichermaßen: 


Hohe Kapitaleffizienz: Portfoliobasierter Ansatz erlaubt Berücksichtigung von Portfoliokorrelationen und Diversifikationseffekten innerhalb von börsennotierte und zwischen börsennotierten und OTC-Transaktionen.


Hohe Genauigkeit: Produktübergreifende Risikofaktorszenarien ermöglichen eine genaue und konsistente Ermittlung von Portfoliokorrelations- und Diversifikationseffekte.


Robustheit: Modellkomponenten orientieren sich an den Maßstäben Stabilität und Präzision, um in allen Marktsituationen angemessene Marginanforderungen ermitteln zu können.


Übergreifendes Rahmenwerk: Konsistenter Risiko- und Default-Management-Prozess für börsennotierte und OTC-Produkte.


Wie wird das Risiko bei außerbörslichen Transaktionen (OTC) minimiert?

Clearing-Häuser können erheblich dazu beitragen Risiken bei Transaktionen zu minimieren. Daher haben die Aufsichtsbehörden nach der Finanzkrise nicht nur für börsliche, sondern zunehmend auch für außerbörsliche „Over-the-Counter“-Transaktionen ein verpflichtendes zentrales Clearing eingeführt. 


Dieses erfolgt durch die sogenannte „Novation“, bei der die zentrale Gegenpartei einsteigt, nachdem ein Handel zwischen zwei Parteien bereits abgeschlossen wurde. In diesem Fall hat die Transaktion selbst andernorts stattgefunden, Zahlung und Lieferung erfolgen jedoch auch hier über eine zentrale Stelle.


Darüber hinaus versuchen die Aufsichtsbehörden bei Transaktionen, die nicht über Clearing-Häuser erfolgen können, einige der oben beschriebenen Maßnahmen zur Risikoreduzierung einzuführen. Das gilt insbesondere dafür, dass beide Transaktionsparteien verpflichtet werden, Sicherheiten für einen Ausfall zu stellen (Initial Margin und Variation Margin) – und zwar auf ein separates Konto.


Welches Angebot hat Eurex für das Clearing von Zinsderivaten?

Die Europäische Zentral Bank und die EU-Kommission wollen, dass Euro-Clearing innerhalb der EU stattfindet. Andernfalls hätten Zentralbanken und Regulierungsbehörden keine "Möglichkeit zur Intervention".


Aber auch der Markt verlangt nach einer liquiden EU-basierten Alternative beim OTC-Zinsclearing. Mit OTC Clear bietet Eurex Clearing eine liquide Alternative zum Clearing von auf Euro lautenden Interest Rate Swaps - gleicher Spread, niedrigste Refinanzierungskosten und EU-basiert.


Hauptsächlich durch das Anfang 2018 gestartete Partnerschaftsprogramm, wurde ein starker Liquiditätspool für das Clearing von in Euro denominierten Zinsderivaten aufgebaut. Diese marktgeführte Initiative soll die Entwicklung einer liquiden, EU-weiten Alternative für das Clearing von OTC-Zinsderivaten weiter beschleunigen. So kommt den Kunden und dem breiteren Markt durch eine größere Auswahl und mehr Wettbewerb, eine verbesserte Preistransparenz sowie ein geringeres Konzentrationsrisiko zugute. Derzeit nutzen über 330 Kunden den Service, das sind 200 mehr als noch im Jahr 2019.
 
Die DekaBank, das Wertpapierhaus der Sparkassen-Finanzgruppe, hat Ende 2019 an einem Tag einen wesentlichen Teil ihres Swapbuchs vom Londoner Clearinghaus LCH erfolgreich an Eurex Clearing in Frankfurt übertragen. Die komplexe Transaktion mit Tausenden von Einzelposten und einer Händlerbank als Transferagent wurde ohne jegliche Unterbrechung oder Marktbeeinflussung durchgeführt.


Durch die Ausweitung seiner OTC-Clearing-Dienstleistungen auf Japan, eröffnet die Eurex Clearing weitere Zugangskanäle zu ihrem Service. Nun profitieren auch Japanische Banken von einem One-Stop-Shop für Euro-notiertes und OTC-Geschäft.