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Anlegerschutz

Anlegerschutz

Wie in „MiFID II/MiFIR – ein Überblick“ dargestellt, ist der Schutz der Anlegerinteressen eines der Hauptanliegen des überarbeiteten Regelwerks. MiFID II/MiFIR führen eine Reihe neuer Bestimmungen ein und aktualisieren bestehende Regelungen, die erhebliche Auswirkungen auf die Geschäftsmodelle von Vermögens- und Anlageverwaltern haben werden.

Entsprechend dem Ansatz der mehrstufigen Umsetzung von MiFID II/MiFIR wird die endgültige rechtliche Auslegung dieser Bestimmungen schrittweise übernommen. Die Vorschriften über den Schutz von Kundenvermögen sowie über Produktüberwachung und Provisionen befinden sich bereits in einem sehr reifen Stadium (ein entsprechender delegierter Rechtsakt der Kommission wurde veröffentlicht). Andere Bestimmungen müssen jedoch noch weiter ausgeführt werden. Zur Übersicht folgt eine Darstellung der Bereiche, die der mit Anlegerschutz befasste Teil von MiFID II/MiFIR abdeckt und die nachfolgend erklärt werden:

  • Schutz der Finanzinstrumente und Gelder von Kunden,
  • Anforderungen an die Produktüberwachung,
  • Verbot von Provisionen/Entbündelung von Dienstleistungen,
  • Best Execution,
  • unabhängige Beratung,
  • geeignete Gegenparteien/Kundenklassifizierung,
  • Kundenreporting und
  • operative und Compliance-Verfahren (einschließlich Aufzeichnung telefonischer und elektronischer Kommunikation).

Schutz der Finanzinstrumente und Gelder von Kunden

Zum Schutz der Finanzinstrumente und Gelder von Kunden verpflichten die Mitgliedsstaaten die Wertpapierfirmen:

die notwendigen Aufzeichnungen und Konten zu führen, die es ihnen jederzeit ermöglichen, die für die einzelnen Kunden gehaltenen Vermögenswerte sowohl von den Vermögenswerten anderer Kunden als auch von ihren eigenen Vermögenswerten zu unterscheiden,

ihre Aufzeichnungen und Konten so zu führen, dass diese stets korrekt sind und als Prüfpfad genutzt werden können,

ihre internen Konten und Aufzeichnungen regelmäßig mit denen aller Dritten, die diese Vermögenswerte halten, abzustimmen,

die notwendigen Vorkehrungen zu treffen, um zu gewährleisten, dass alle bei einem Dritten hinterlegten Kundenfinanzinstrumente von den Finanzinstrumenten der Wertpapierfirma unterschieden werden können – und dass dies auch für Kundengelder gilt, die bei einer Zentralbank, einem Kreditinstitut, einer in einem Drittland zugelassenen Bank oder einem qualifizierten Geldmarktfonds hinterlegt sind und

angemessene organisatorische Vorkehrungen zu treffen, um das Risiko, dass die Vermögenswerte des Kunden oder die damit verbundenen Rechte aufgrund einer missbräuchlichen Verwendung der Vermögenswerte oder aufgrund von Betrug, schlechter Verwaltung, unzureichender Aufzeichnungen oder Fahrlässigkeit verloren gehen oder geschmälert werden, so gering wie möglich zu halten.

Die Mitgliedstaaten verpflichten die Wertpapierfirmen ferner, Informationen für die zuständigen nationalen Behörden, bestellte Insolvenzverwalter und Personen, die für die Auflösung in Insolvenz geratener Institute verantwortlich sind, bereit zu halten, um bei Schwierigkeiten rückblickend Prozesse, Aufgaben, Pflichten und Aktivitäten nachverfolgen zu können. Der delegierte Rechtsakt ist in Bezug auf das Vorgehen bei der Hinterlegung von Finanzinstrumenten oder Geldern für Kunden und deren Nutzung ebenso eindeutig.

Anforderungen an die Produktüberwachung

Der delegierte Rechtsakt stellt an Wertpapierfirmen, die Finanzinstrumente konzipieren, andere Anforderungen in Bezug auf die Produktüberwachung als an Wertpapierfirmen, die diese vertreiben. Für Erstere bestehen erhebliche Verpflichtungen, die eine Vermeidung potenzieller Interessenkonflikte sicherstellen. Sie müssen stets beurteilen können, ob ein Finanzinstrument eine Situation schafft, die sich für Endkunden nachteilig auswirkt, wenn sie:

  • ein Engagement eingehen, das dem von der Firma selbst zuvor eingegangenen zuwiderläuft oder
  • ein Engagement eingehen, das dem Engagement zuwiderläuft, das die Firma nach dem Verkauf des Produkts eingehen will.

Vor der Emission eines Finanzinstruments müssen Firmen feststellen, ob es eine Gefahr für das geordnete Funktionieren oder die Stabilität der Finanzmärkte darstellt. Sie müssen gewährleisten, dass ihr an der Konzeption beteiligtes Personal kompetent genug ist und dass die Produktinformationen (einschließlich Angaben zum Vertrieb) in die Compliance-Berichterstattung an die Geschäftsleitung einbezogen werden (d.h. Compliance muss die Produkte und den gesamten Entwicklungsprozess regelmäßig prüfen).

Vertriebsfirmen sind verpflichtet, „angemessene Vorkehrungen in Bezug auf die Produktüberwachung zu treffen, um zu gewährleisten, dass die Produkte und Dienstleistungen, die sie anbieten oder empfehlen wollen, die Bedürfnisse, Merkmale und Ziele eines bestimmten Zielmarktes erfüllen und dass die vorgesehene Vertriebsstrategie dem entsprechenden Zielmarkt entspricht“. Sie müssen regelmäßig umfassende Szenarioanalysen zur Eignung des Produktes für den Zielmarkt und die Endkunden durchführen. Des Weiteren müssen sie die Gebührenstruktur prüfen und für ihre internen Prozesse gelten ähnliche Beschränkungen wie bei Wertpapierfirmen, die Finanzinstrumente konzipieren.

Verbot von Provisionen/Entbündelung von Dienstleistungen

Im Rahmen von MiFID I gliederten Provisionsteilungsvereinbarungen (Commission Sharing Arrangements, CSAs) die Provisionen, die Vermögens- oder Anlageverwalter an ihre Broker weiterleiten, in eine Ausführungs- und eine Researchkomponente. Folglich konnten Firmen in der Vergangenheit die bei Brokern aufgelaufene Researchkomponente dazu verwenden, einen Anbieter ihrer Wahl für Research zu bezahlen, unter anderem auch unabhängige Researchanbieter.

Abhängig von der Beziehung zu ihrem Broker stehen Firmen mehrere Möglichkeiten offen, um für Research zu zahlen. Bei einem gebündelten Ansatz zahlt eine Firma einen Provisionssatz an ihren Broker und erhält die Recherche im Wesentlichen als Zusatzleistung.

Der im April 2016 veröffentlichte delegierte Rechtsakt sieht vor, dass Wertpapierfirmen, die sowohl Ausführungs- als auch Researchdienstleistungen anbieten, für beide getrennt Gebühren erheben und sie separat voneinander erbringen, um die Einhaltung von Artikel 24(7)(8) MiFID II zu gewährleisten. Die Bestimmungen dieses Artikels verbieten es Wertpapierfirmen, Provisionen oder Gebühren von Dritten anzunehmen und zu behalten, wenn sie Kunden Portfoliomanagement anbieten.

Firmen müssen das Research ferner aus eigenen Mitteln zahlen oder bei einer Zahlung über ein eigens zu diesem Zweck vorgesehenes Research-Zahlungskonto gewährleisten, dass das Konto „nur durch eine eigens vom Kunden erhobene Researchgebühr finanziert wird, die nur auf einem von der Wertpapierfirma festgelegten Researchbudget beruhen und in keinem Zusammenhang mit dem Volumen und/oder Wert der im Namen des Kunden ausgeführten Geschäfte stehen sollte“.

Errichten Firmen ein Research-Zahlungskonto, müssen sie weitreichende Qualitätsprüfungen durchführen und auf Verlangen von Kunden oder zuständigen Behörden Angaben darüber machen, wer über welches Konto über welchen Zeitraum bezahlt wird, wie hoch der gezahlte Gesamtbetrag im Verhältnis zum Researchbudget ist und welche Leistungen erbracht wurden.

Zahlungen und nichtmonetäre Vorteile müssen geprüft werden, um zu gewährleisten, dass sie die Pflicht der Firma, im besten Interesse des Kunden zu handeln, nicht beeinträchtigen, dass sie „so gestaltet sind, dass sie die Qualität der Leistung verbessern“, die für den Kunden erbracht wird, und dem Kunden gegenüber offengelegt werden.

Wertpapierfirmen müssen alle angemessenen Schritte unternehmen, um Interessenkonflikte zu erkennen, zu verhindern oder zu regeln. Sie müssen sicherstellen, dass die gezahlten oder erhaltenen Provisionen dazu gedacht sind, die Qualität der entsprechenden Leistung für den Kunden zu verbessern. Provisionen müssen durch die Erbringung einer zusätzlichen oder höherwertigen Leistung gerechtfertigt sein. Die Firma (oder ihre Aktionäre und Mitarbeitenden) dürfen von den Provisionen nicht direkt profitieren, ohne dass der Kunde einen unmittelbaren Nutzen hat. Im Fall von laufenden Provisionen muss der Kunde anhaltend Nutzen daraus ziehen.

Darüber hinaus, müssen Firmen Aufzeichnungen über Provisionen, die Art und Weise, in der sie gezahlt oder erhalten wurden und in der sie die Qualität der Leistung für den Kunden verbessern, führen und Kunden gegenüber bestimmte Angaben über Provisionen machen. Firmen, die eine unabhängige Anlageberatung oder Portfoliomanagement anbieten, müssen diesbezügliche Provisionen an Kunden erstatten oder überweisen und eine Richtlinie zur Handhabung dieser Überweisungen haben. Sie dürfen nur „geringfügige nichtmonetäre Vorteile“ annehmen, die bestimmten Bedingungen erfüllen und das Verhalten der Firma nicht in einer Weise beeinflussen, die sich zum Nachteil der Kunden auswirken würde.

Best Execution

Wertpapierfirmen, die Geschäfte im Namen von Kunden ausführen (oder deren Ausführung arrangieren) müssen bei der Orderausführung alle zumutbaren Schritte unternehmen, um das bestmögliche Ergebnis für ihre Kunden zu erzielen (bekannt als „Best Execution“). MiFID II baut in mehrerlei Hinsicht auf den mit MiFID I eingeführten Anforderungen auf, einschließlich der darin ausdrücklich genannten Pflichten:

  • ausreichend detaillierte Erläuterung der Ausführungsrichtlinien, um Kunden auf einfache Weise zu vermitteln, wie die Ordern ausgeführt werden,
  • Offenlegung der fünf wichtigsten Ausführungsorte,
  • mindestens einmal jährlich Offenlegung der Ausführungsqualität,
  • Vermeidung der Nutzung von Zahlungen für den Orderfluss und
  • Erzielen des besten Ergebnisses, um sicherzustellen, dass „alle zumutbaren Schritte“ unternommen wurden.

Unabhängige Beratung

Nach MiFID I bezeichnet Anlageberatung die Abgabe persönlicher Empfehlungen an einen Anleger, wobei nicht zwischen unterschiedlichen Arten von Beratung (beispielsweise unabhängig und nicht unabhängig) unterschieden wird. Werden die Empfehlungen ausschließlich über Vertriebskanäle oder an die Öffentlichkeit erteilt, gelten sie nicht als persönliche Empfehlungen.

MiFID II nimmt zwar keine Veränderungen an der in MiFID I enthaltenen Definition von „Anlageberatung“ vor, führt jedoch das Konzept der „unabhängigen Beratung“ (im Gegensatz zu nicht unabhängiger (d.h. eingeschränkter) Beratung) ein. Laut MiFID müssen die folgenden Voraussetzungen erfüllt sein, damit eine Beratung als „unabhängig“ gelten kann:

  • Ein ausreichend breites Spektrum von am Markt erhältlichen Finanzinstrumenten muss in Erwägung gezogen werden.
  • Ein ausreichend diverses Spektrum von Finanzinstrumenten muss in Erwägung gezogen werden (beispielsweise Typ, Emittent, Produktanbieter usw.).
  • Die erwogenen Finanzinstrumente sollten nicht nur von der Firma oder anderen Einheiten, die in enger Verbindung mit der Firma stehen, oder Einheiten mit engen rechtlichen oder wirtschaftlichen Beziehungen (wie Vertragsbeziehungen) angeboten werden, sodass die Unabhängigkeit nicht beeinträchtigt wird.
  • Die Firma sollte keine Provisionen, Kommissionen, monetären und nichtmonetären Vorteile von Dritten (beispielsweise Produktanbietern) annehmen und behalten. Geringfügige nichtmonetäre Vorteile sind hingegen gestattet (s. obigen Abschnitt zum „Verbot von Provisionen“).

Kundenreporting

In MiFID II/MiFIR wird die Häufigkeit, in der Vermögensverwalter ihren Kunden Portfolioauszüge liefern müssen, von halb- auf vierteljährlich erhöht.

Der Bericht muss Bewertungen (falls notwendig nach bestem Bemühen), einen Rückblick auf die Aktivitäten und die Performance im Berichtszeitraum, Wertminderungen des Portfolios über 10 Prozent und bestimmte vorgeschriebene Informationen über Eigentumsfragen enthalten (beispielsweise über Vermögenswerte, die einer Wertpapierübertragung oder Sicherheitsregelungen unterliegen).

Operative und Compliance-Verfahren

Die Vorschriften zur Handhabung von Beschwerden werden um Beschwerden von professionellen und potenziellen Kunden erweitert. Zu den neuen Anforderungen zählen unter anderem eine förmliche Verpflichtung zur Einführung einer Funktion für Richtlinien über die Handhabung von Beschwerden, die Veröffentlichung der Einzelheiten der Richtlinie und die Erstellung von Berichten für die nationalen Aufsichtsbehörden. Bestimmungen über die Führung detaillierterer Unterlagen wurden eingeführt, wobei die Aufzeichnungen über Handelsentscheidungen ausführlicher gestaltet werden sollen. So ist die ursprüngliche Entscheidung durch 16 Felder und später durch weitere 40 abgedeckt.

Die Pflicht zur Führung von Aufzeichnungen über telefonische und elektronische Kommunikation in Bezug auf die Orders von Kunden wird verschärft. Die Aufzeichnungen müssen die relevante interne Kommunikation enthalten. Eine neue Anforderung sieht vor, dass schriftliche Aufzeichnungen über persönliche Besprechungen mit Kunden geführt werden müssen.

Im Rahmen von MiFID I bestehende Ausnahmeregelungen entfallen und eine neue Anforderung sieht die Überwachung von Anrufaufzeichnungen vor. Des Weiteren wurden neue Anforderungen an die Überwachung und Entwicklung von Vergütungsrichtlinien eingeführt. Dazu zählt das Gleichgewicht zwischen fester und variabler Vergütung, die für alle Personen gilt, deren Handeln wesentliche direkte oder indirekte Auswirkungen auf die Dienstleistungen der Firma haben kann.