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Europäisches Finanzaufsichtssystem

Europäisches Finanzaufsichtssystem (ESFS)

Aufgrund der aus der Finanzkrise 2007/2008 gewonnenen Einsichten war die Europäische Union bestrebt, eine stärker integrierte europäische Aufsicht zu etablieren. Diese soll dafür sorgen, dass für alle Akteure auf EU-Ebene gleiche Voraussetzungen herrschen, und ist Ausdruck der zunehmenden Integration der Finanzmärkte innerhalb der EU. Mit der Einführung des Europäischen Finanzaufsichtssystems (European System of Financial Supervision, ESFS) im Jahr 2010 wurde so erstmals eine neue Aufsichtsstruktur auf europäischer Ebene geschaffen. Das ESFS besteht aus drei Europäischen Aufsichtsbehörden (European Supervisory Authorities, ESAs) und einem Gremium zur Überwachung von systemischen Risiken, dem Europäischen Ausschuss für Systemrisiken (European Systemic Risk Board, ESRB). Die ESAs und der ESRB nahmen ihre Arbeit im Januar 2011 auf.

Unsere Tätigkeit in einem vielschichtigen Aufsichtsrahmen

Die Gruppe Deutsche Börse ist ein integrierter Finanzdienstleister und umfasst somit das gesamte Spektrum der Betreiber von Finanzmarktinfrastrukturen (FMIs) wie zentrale Gegenparteien, Zentralverwahrer, Wertpapierabwicklungssysteme und ein Transaktionsregister. Er betreibt darüber hinaus Handelsplätze (geregelte Märkte und multilaterale Handelssysteme) und bietet Datenberichterstattungsleistungen an.

Die Arbeit der ESAs wirkt sich auf die gesamte Wertschöpfungskette der Gruppe aus, da sie in der EU mit vielen verschiedenen Aufsichtsbehörden zusammenarbeitet – europäische FMIs agieren innerhalb eines vielschichtigen Aufsichtsrahmens.

Ziel

Zu den Zielen des ESFS zählen die Entwicklung einer gemeinsamen Aufsichtskultur und die Förderung eines gemeinsamen europäischen Finanzmarktes, um eine einheitliche und kohärente Finanzaufsicht in der EU zu gewährleisten. Zu diesem Zweck wurde ein System der mikro- und makroprudenziellen Aufsicht geschaffen, das aus europäischen und nationalen Aufsichtsbehörden besteht. Darüber hinaus spielen die Aufsichtsbehörden auch auf dem Gebiet der internationalen Zusammenarbeit eine Rolle. So fungiert die ESMA beispielsweise als Beobachter der Internationalen Organisation der Wertpapieraufsichtsbehörden (International Organisation of Securities Commission, IOSCO) und beschäftigt sich mit dem Thema der Äquivalenz.

Zeitplan

Die Verordnungen von 2010 zur Errichtung des ESRB und der ESAs enthalten Bestimmungen, die eine regelmäßige Prüfung der Tätigkeiten und der Organisation der ESAs und des ESRB durch die Europäische Kommission vorsehen. Ein erster Bericht wurde 2014 veröffentlicht; eine umfassende Überprüfung fand 2017 statt. In Verbindung damit leitete die Europäische Kommission im Frühjahr 2017 eine öffentliche Konsultation über die Tätigkeit der ESAs ein, die als Grundlage für eine Gesetzesinitiative dienen sollte. Die Europäische Kommission schlug daher am 20. September 2017 Gesetzesänderungen zur Arbeitsweise der ESMA und der übrigen ESAs vor. Ziel der Änderungen ist eine stärkere Integration der europäischen Aufsichtsbehörden zur Förderung der Kapitalmarktunion und der Finanzmarktintegration.

Am 21. März 2019 haben sich die EU-Mitgliedsstaaten und das Europäische Parlament über die Kernelemente zur Reform der Aufgaben, Aufsichtskompetenzen, Governance-Strukturen und Finanzierung der ESAs und des ESRB geeinigt. Diese finden ab 1. Januar 2020 Anwendung, während die neuen direkten Aufsichtskompetenzen der ESMA über kritische Benchmarks und Datenbereitstellungsdienste ab 1. Januar 2022 greifen werden.

Europäische Aufsichtsbehörden

Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (ESMA)

Die Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (European Securities and Markets Authority, ESMA) mit Sitz in Paris ist für die Wertpapiermärkte und Marktteilnehmer zuständig. Durch Anlegerschutz und Förderung stabiler und ordnungsgemäß funktionierender Finanzmärkte trägt sie zur Sicherung der Stabilität des EU-Finanzsystems bei. Zu diesem Zweck bewertet sie die Risiken, die für Anleger, Märkte und die Finanzstabilität bestehen, erarbeitet ein einheitliches Regelwerk für die EU-Finanzmärkte und fördert die Aufsichtskonvergenz. Mit der Überarbeitung der ESMA-Regulierung, die 2019 abgeschlossen wurde, wurden die Aufgaben und Kompetenzen der ESMA im Bereich der Aufsichtskonvergenz weiter gestärkt. Außerdem wird sie ab Januar 2022 für die Aufsicht von Datenbereitstellungsdiensten und kritischen Referenzwerten sowie für die Anerkennung von Referenzwerten aus Drittstaaten zuständig sein, Ferner ist sie für die Registrierung und Überwachung von Ratingagenturen und Transaktionsregistern verantwortlich. Wie alle ESAs ist die ESMA für die mikroprudenzielle Aufsicht auf EU-Ebene zuständig.

Europäische Bankenaufsichtsbehörde (EBA)

In den Zuständigkeitsbereich der Europäischen Bankenaufsichtsbehörde (European Banking Authority, EBA) fallen Kreditinstitute, Finanzkonglomerate, Investmentgesellschaften und Zahlungsinstitute. Wie alle ESAs ist die EBA, die seit 2019 in Paris ansässig ist, für die mikroprudenzielle Aufsicht auf EU-Ebene zuständig. Zu den Aufgaben der Behörde gehören:

  • Sicherstellung einer soliden, effektiven und einheitlichen Regulierung und Überwachung
  • Unterstützung der Stabilität und Effektivität des Finanzsystems
  • Verhinderung von Aufsichtsarbitrage
  • Sicherstellung eines einheitlichen Maßes an Beaufsichtigung
  • Förderung des Verbraucherschutzes
  • Stärkung der internationalen Koordinierung im Aufsichtsbereich
  • Ordnungsgemäße Regulierung der Aufsicht über Kreditinstituten

Europäische Aufsichtsbehörde für das Versicherungswesen und die betriebliche Altersversorgung (EIOPA)

Die Europäische Aufsichtsbehörde für das Versicherungswesen und die betriebliche Altersversorgung (European Insurance and Occupational Pensions Authority, EIOPA) hat ihren Sitz in Frankfurt am Main. Zu ihren Hauptaufgaben zählen die Unterstützung der Stabilität des Finanzsystems, die Transparenz der Märkte und Finanzprodukte sowie der Schutz der Versicherungsnehmer, Altersversorgungsanwärter und Leistungsempfänger. Wie alle ESAs ist die EIOPA für die mikroprudenzielle Aufsicht auf EU-Ebene zuständig.

 

Weitere ESFS-Behörden

Europäischer Ausschuss für Systemrisiken (ESRB)

Der Europäische Ausschuss für Systemrisiken (European Systemic Risk Board, ESRB) mit Sitz in Frankfurt am Main ist für die makroprudenzielle Überwachung des EU-Finanzsystems sowie die Verhinderung und Abschwächung von systemischen Risiken zuständig. Er hat daher einen breiten Zuständigkeitsbereich, der Banken, Versicherungen, Vermögensverwalter, Schattenbanken, Finanzmarktinfrastrukturen und sonstige Finanzinstitute und Märkte umfasst. Der Ausschuss ist Teil der Europäischen Zentralbank.

Zuständige nationale Aufsichtsbehörden

Die jeweils zuständigen nationalen Aufsichtsbehörden der EU-Mitgliedstaaten sind ebenfalls Teil des ESFS. Jeder Mitgliedstaat benennt im Einklang mit den verschiedenen Rechtsvorschriften im Bereich der Finanzdienstleistungen seine eigenen zuständigen Behörden. Die zuständige nationale Aufsichtsbehörde, beispielsweise die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) in Deutschland, ist für die Beaufsichtigung des Tagesgeschäfts auf nationaler Ebene verantwortlich. Die nationalen Behörden sind in den ESAs vertreten.

 

Der Ausblick der Europäischen Kommission auf die Kapitalmarktunion und die Aufsichtsstruktur

Die Europäische Kommission hat ihren neuen Aktionsplan zur Vollendung der Kapitalmarktunion (CMU) veröffentlicht. Der Plan enthält einen Ausblick auf mögliche politische Maßnahmen im 4. Quartal 2021 und bildet die Grundlage für die nächste reguläre Überprüfung der ESA im 4. Quartal 20212022. Diese dient der Bestandsaufnahme des Erreichten und der Feststellung wo eine weitere Stärkung der aufsichtlichen Konvergenz und direkte Aufsichtsbefugnisse für die ESAs erforderlich sein könnten.

Politische Einigung über stärker integrierte europäische Aufsichtsstruktur

Das Europäische Parlament und die EU-Mitgliedsstaaten haben eine Einigung über die Reform des Europäischen Finanzaufsichtssystems in einigen Bereichen der EU-Finanzmärkte, einschließlich der Bekämpfung der Geldwäsche, erzielt.

Europäische Kommission: Überprüfung der ESFS

Die europäische Kommission hat am 20. September 2017 ein Paket von Vorschlägen verabschiedet, das die ESFS (European System of Financial Supervision) stärken soll. Sein Ziel ist die Verbesserung der Mandate, der Kontrolle und der finanziellen Ausstattung der drei ESAs (European Supervisory Authority) sowie die Funktion des ESRB (European Systemic Risk Board), um eine stärkere und stärker integrierte Finanzaufsicht innerhalb der EU sicherzustellen.