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Das Verfahren zur rechtlichen Umsetzung von MiFID II/MiFIR

Das Verfahren zur rechtlichen Umsetzung von MiFID II/MiFIR

Im Zusammenhang mit MiFID II/MiFIR ist häufig vom „Level“ der Umsetzung die Rede. Dieser Level-Ansatz, der auf das sogenannte Lamfalussy-Verfahren zurückgeht, sieht einen Vier-Stufen-Plan für die Umsetzung von Gesetzgebungsverfahren im Finanzsektor vor. Das Verfahren hat sich zwar seither leicht verändert, doch das Vier-Stufen-System besteht nach wie vor.

Level 1-Gesetzgebung

Seit dem 1. Januar 2011 ist die Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (ESMA) mit der Beaufsichtigung der technischen Umsetzung von MiFID II/MiFIR betraut. Die ersten Konsultationen mit Marktteilnehmern wurden jedoch noch von der Vorgängerorganisation der ESMA, dem (unabhängigen) Ausschuss der Europäischen Aufsichtsbehörden für das Wertpapierwesen (CESR), durchgeführt. Die Europäische Kommission beriet separat und veröffentlichte ihre Gesetzesvorschläge zur Änderung von MiFID (I) am 20. Oktober 2011.

Das Europäische Parlament stimmte diesen Vorschlägen im Oktober 2012 teilweise zu, und der Rat billigte die grundsätzliche Vorgehensweise im Juni 2013. Im September 2013 begannen die drei Institutionen intensive trilaterale Gespräche, einen sogenannten „Trilog“. Die von ihnen erzielte Einigung wurde am 14. Januar 2014 bekannt gegeben.

Nach der Billigung der Gesetzestexte durch den Ausschuss des Europäischen Parlamentes für Wirtschaft und Währung (ECON) und den Ausschuss der Ständigen Vertreter der Mitgliedstaaten (COREPER) im Februar/März 2014 und dem Votum des Europäischen Parlaments für den Vorschlag im April verabschiedete der Rat MiFID II/MiFIR am 13. Mai 2014. Zwanzig Tage nach Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union (12. Juni) traten MiFID II/MiFIR in der gesamten Europäischen Union am 2. Juli 2014 in Kraft.

Die oben genannten Beschlüsse waren alle Teil von Level 1 der Umsetzung von MiFID II/MiFIR. Nach der ursprünglichen Zeitplanung wären auf die Level 1-Gesetzgebung am 3. Juli 2016 die Umsetzung in nationales Recht und die Anwendung in den Mitgliedstaaten ab 3. Januar 2017 gefolgt. Dieser Termin wurde jedoch bekanntermaßen auf den 3. Januar 2018 verschoben.

Level 2-Gesetzgebung

Im April 2014 beauftragte die Europäische Kommission die ESMA mit dem Entwurf von Gesetzesvorschlägen für delegierte Rechtsakte und Durchführungsrechtsakte. Die ESMA leitete anschließend eine offene Konsultation ein, indem sie Diskussionspapiere zu technischen Standards und Konsultationspapiere zu den delegierten Rechtsakten veröffentlichte. In den delegierten Rechtsakten werden bestimmte, in MiFID II/MiFIR vorgesehene Bestimmungen ausführlicher formuliert. In den technischen Standards wird indessen genau festgelegt, wie Firmen diese Bestimmungen operativ einhalten sollen. Die ESMA bezieht die Interessengruppe Wertpapiere und Wertpapiermärkte in die Konsultation ein, bevor sie ihre Empfehlungen zu delegierten Rechtsakten und Durchführungsrechtsakten der Europäischen Kommission vorlegt.

Anschließend veröffentlicht die ESMA ein Konsultationspapier über den Entwurf technischer Regulierungsstandards (RTS).

In der Zwischenzeit sollte die Kommission die Empfehlungen der ESMA zu den delegierten Rechtsakten und Durchführungsrechtsakten angenommen haben. Erheben weder das Parlament noch der Rat innerhalb von drei Monaten nach der Annahme durch die Kommission Einspruch, treten die Akte in Kraft.

Nach Abschluss der Konsultation über die RTS leitet die ESMA einen entsprechenden Entwurf an die Kommission weiter. Letztere muss innerhalb von drei Monaten entscheiden, ob sie sich (gegenüber dem Parlament und dem Rat) für eine Annahme ausspricht. Nimmt die Kommission die RTS nicht an, gehen sie zurück zur ESMA, die sechs Wochen Zeit hat, um sie zu ändern und ihre Stellungnahme erneut vorzulegen. Geht innerhalb von sechs Wochen keine Antwort der ESMA ein, die zur Zufriedenheit der Kommission ausfällt, kann diese die RTS ablehnen. Das Parlament und der Rat haben nach Annahme durch die Kommission ihrerseits drei Monate Zeit, um über die Annahme der RTS zu entscheiden.

Die ESMA muss der Kommission anschließend einen Entwurf der technischen Durchführungsstandards (ITS) vorlegen. Das Annahmeverfahren läuft identisch ab wie bei den RTS.

Die Europäische Kommission muss die endgültigen delegierten Rechtsakte veröffentlichen, die anschließend in das nationale Recht der Mitgliedstaaten umgesetzt werden. Sie treten zum selben Zeitpunkt wie MiFID II/MiFIR in ganz Europa in Kraft.

Level 3- und Level 4-Gesetzgebung

Gleichzeitig mit den Level 2-Maßnahmen erarbeiten die nationalen Aufsichtsbehörden, europäische Behörden wie die ESMA, die Europäische Bankenaufsichtsbehörde (EBA) und die Europäische Aufsichtsbehörde für das Versicherungswesen und die betriebliche Altersversorgung (EIOPA) gemeinsame Auslegungsempfehlungen und Leitlinien.

Dieses Verfahren (Level 3) muss abgeschlossen sein, bevor die Europäische Kommission ihre Empfehlungen fertigstellen kann. Die Kommission muss sicherstellen, dass die Mitgliedstaaten MiFID II/MiFIR einhalten, und kann Verstöße mit entsprechenden Sanktionen ahnden. Dabei arbeitet sie mit Level 3-Interessengruppen und dem privaten Sektor zusammen.